Einführung
Diskussionen über die einzig richtige Fütterung werden oft hitzig und auch belehrend geführt.
«Natur» ist momentan ein wichtiges Stichwort: «Wildnis», «natürliche Wurzeln», «Wolf» im Produktnamen oder ein Wolf auf der Verpackung wecken schlummernde Sehnsüchte und geben dem Käufer, also dem Hundehalter, das Gefühl, das beste für seinen Hund zu tun.
Wichtige Diskussionspunkte sind:
– getreidefreie Fütterung
– Futterallergie
– Hund als Fleischfresser
– BARF
Zu allererst sollten wir uns bei einer seriösen Diskussion wir uns auf folgende Fakten stützen:
- Der Wolf ist unbestritten der Stammvater des Hundes.
- Weder Wolf noch Hund sind reine Carnivore (Fleischfresser), sie sind Omnivore (Allesfresser) oder allenfalls Carni-Omnivore.
- Die Domestikation des Hundes fand höchstwahrscheinlich vor20’000 bis 30’000 Jahren statt. Hunde sind dementsprechend längst keine Wildtiere mehr. Die Hundepopulation als Ganzes hat sich weit vom Wolf entfernt, sowohl vom Körperbau her, von den Charakter- und Verhaltenseigenschaften (z.B. Aggressionssteuerung, Stressresistenz), wie auch vom Stoffwechsel her.
- Die früh domestizierten Hunde ernährten sich hauptsächlich von Abfällen, wie dies auch Strassenhunde heute noch tun.
- Die Evolution von Mensch und Hund, also die von Generation zu Generation stattfindende allmähliche Veränderung der vererbbaren Merkmale, verlief weitgehend parallel, wobei Genmutationen bei beiden Spezies eine wichtige Rolle gespielt haben dürften.
- Vor ca. 10’000 Jahren wurden aus den Jägern und Sammlern Menschen, die Ackerbau und Viehzucht betrieben. Dabei wurde die Fähigkeit, Stärke aus Getreide und auch aus Wurzeln und Knollen (heute Kartoffeln) aufschliessen und verdauen zu können für Mensch und Hund zu einem sehr wichtigen Faktor.
- Da sich Hunde hauptsächlich von Abfällen und Resten ernährten, kamen sie sehr häufig nicht in den Genuss von Fleisch, wenn sie es nicht selber auf der Jagd beschaffen konnten. Je wertvoller die Dienste des Hundes für den Menschen waren, desto mehr Wert wurde mit der Zeit auch auf die Fütterung gelegt. Milchprodukte und Getreidebrei waren häufig auf dem Speiseplan.
- Hundevollnahrung gibt es erst seit 1920.
- In neuster Zeit boomt der Trend zur Fütterung von viel Fleisch und keinem Getreide.
- Getreide in der Futterration
Kann der Hund Getreide verwerten?
Um Kohlehydrate (hauptsächlich aus Getreide, Kartoffeln, aber auch aus Hülsenfrüchten, Obst) aufschliessen und dadurch verdauen und Energie gewinnen zu können, braucht sowohl der Mensch wie auch der Hund das Enzym Amylase. Seit Beginn des Ackerbaus hatten diejenigen Individuen, Mensch und Hund, welche Kohlehydrate besser aufspalten konnten, auch die besseren Ueberlebens- und Fortpflanzungschancen. Sowohl die menschliche Population wie die Hundepopulation haben seit der Möglichkeit des Ackerbaus stark zugenommen. Die Anzahl vorhandener Gene, die für die Amylase-Produktion verantwortlich sind, hat sich im Verlauf der Zeit verändert. Studien an Genmaterial von Wölfen, frühen domestizierten Hunden und heutigen Hunden zeigen, dass Wölfe im Schnitt deutlich weniger Genkopien als heutige und auch frühe Haushunde besitzen. Das legt den Schluss nahe, dass Hunde gemeinsam mit uns Menschen die Fähigkeit entwickelt haben, Stärke aufzuspalten und als Nahrungsmittel zu nutzen. Nicht verwunderlich ist dabei, dass Völker, die sich seit jeher und bis in die heutige Zeit hauptsächlich von Fleisch und/oder Fisch ernährt haben, eine geringere Anzahl an Genkopien für Amylase aufweisen, dasselbe bei ihren Hunden, also hauptsächlich den nordischen Hunderassen. Wölfe haben 2 Genkopien für Amylase, Siberian Huskies haben wenige, jedoch mehr als Wölfe, Hunderassen, welche aus Gebieten stammen, in denen Getreideanbau wichtig war, haben bis zu 11 Genkopien.
Ist Getreide wertvoll oder nur Füllstoff?
Kohlehydrate sind wichtige Energielieferanten, ebenso wie Oele. Getreide ist zwar weder für den Menschen noch den Hund essentiell, aber ist dennoch ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Es enthält Minerale und Vitamine und ist auch als Ballaststoffe für die Verdauung wichtig. Wegen der Problematik unseres viel zu hohen Fleischkonsums wird die Bedeutung des Getreides in Zukunft auch für die Ernährung des Hundes (wieder) steigen.
Neben Getreide sind folgende Nahrungsmittel wertvolle Kohlehydratlieferanten: Kartoffeln, Süsskartoffeln, Mais, Pseudogetreide wie Buchweizen oder Amaranth, Quinoa.
Natürlich ist bei Hunden, die zu Uebergewicht neigen, die hohe Energiedichte zu beachten!
Verursacht Getreide Allergien?
Das Thema Futterallergie/Futterunverträglichkeit wird später ausführlich behandelt. Futterallergien sind äusserst selten, Unverträglichkeiten hingegen häufiger.
Vor allem Proteine lösen allergische Reaktionen aus, bei Zucker oder Mineralien hingegen ist dies sehr selten der Fall. Kein Futtermittel besitzt beim Hund eine signifikant höhere Allergenität als andere. Gemäss einer Literaturübersicht lösen folgende Futtermittel beim Hund am häufigsten Allergien aus:
- Rindfleisch (34%)
- Milchprodukte (17%)
- Hühnerfleisch (15%)
- Weizen (13%)
- Lamm (14,5%)
- Weniger häufig finden sich Allergien gegen Soja (4%), Mais (4%), Eier (4%), Schweinefleisch (2%), Fisch und Reis (2%).
Bei Hunden ist übrigens eine Unverträglichkeit gegenüber Gluten weitestgehend unbekannt. Beim Irish Setter besteht eine ähnliche genetische Komponente, die glutensensitive Enteropathie, kurz GSE genannt.
Fortsetzung folgt